K-Expert Talk auf der Transport Logistic 2025 Lücken zwischen ZE-Innovation und Implementierungsherausforderungen

09 Juli 2025

Es wurden die Herausforderungen bei Infrastruktur, Politik, digitalen Tools, Logistikmodellen und intermodaler Integration in München thematisiert

Zusammensetzung und Fokus des Panels

Auf der Transport Logistic 2025 in München veranstaltete Kässbohrer die zweite Ausgabe des K-Expert Talks zum Thema Elektrifizierung. Dabei kamen wichtige Akteure des europäischen Projekts ZEFES (Zero Emission Freight Ecosystem) zusammen. Aufbauend auf den Erfolg des ersten K-Expert Talks zur Elektrifizierungstechnologie auf der IAA 2024 lag der Fokus diesmal auf praktischen Erfahrungen aus laufenden Demonstrationen emissionsfreier Frachttransporte. Dabei wurden sowohl Fortschritte als auch anhaltende Herausforderungen in der europäischen Logistikbranche hervorgehoben.

Unter der Moderation von Ben Kraaijenhagen, Technischer Koordinator von ZEFES, wurde die Diskussion um fünf kritische Herausforderungen strukturiert: Infrastruktur, Regulierungspolitik, digitale Werkzeuge, Logistikmodelle und intermodale Integration.

Zu den Diskussionsteilnehmern gehörten:

·       Fernando Liesa (Generalsekretär, ALICE)

·       Maurice Loef (Direktor Linienverkehr, DPD Niederlande)

·       Rogier Laan (Vorsitzender des European Transport Board (ETB))

·       Iffet Türken (Vorstandsmitglied, Kässbohrer)

·       Marina Förch (Kaufmännische Direktorin, Primafrio)

·       Gustaf Malmström (Solution Sales Manager Pilot Partner, Scania Gruppe)

·       Henrik Engdahl (Direktor Geschäftsentwicklung, Volvo-Gruppe)

Während alle Redner die technische Bereitschaft emissionsfreier Fahrzeuge und Auflieger anerkannten, stellten sich kritische Lücken bei der Harmonisierung der Vorschriften heraus, insbesondere bei der Typgenehmigung von Aufliegern und bei der Überarbeitung der Richtlinien zu Gewicht und Abmessungen.

Einblicke von Demonstratoren

İffet Turken, Vorstandsmitglied von Kässbohrer, erklärte: "Kässbohrer hat in Zusammenarbeit mit ZF zwei elektrifizierte Fahrzeuge für zwei verschiedene reale ZEFES-Anwendungsfälle hergestellt. Bei dem ersten handelt es sich um einen intermodalen E-Planenauflieger, der von Scania zwischen Schweden und den Niederlanden sowohl auf der Straße als auch auf dem Seeweg eingesetzt wird. Das zweite ist ein elektrifiziertes 45-Fuß-Containerchassis für Volvo und DPD, das für EMS1-Kombinationen auf der Strecke Eindhoven-München entwickelt wurde.

Diese Fälle zeigen deutlich, dass selbst die fortschrittlichsten Fahrzeugtechnologien weiterhin mit erheblichen betrieblichen und rechtlichen Engpässen zu kämpfen haben. Die Harmonisierung der Gewichts- und Abmessungsvorschriften ist von entscheidender Bedeutung, da sich die Strecken über vier verschiedene Länder erstrecken und die zulässigen Gewichtsgrenzen zwischen 40 und 48 Tonnen liegen. Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, dass diese E-Trailer derzeit mit Sondergenehmigungen betrieben werden und dass ein standardisiertes europäisches Zulassungsverfahren für E-Trailer noch nicht abgeschlossen ist."

Ermöglicher: ALICE und ETB

Fernando Liesa, Generalsekretär von ALICE, betonte:

Wir bewegen uns von der Forschung zur Einführung. Um dies zu verwirklichen, müssen die Mitgliedstaaten Piloten unterstützen, Anreize schaffen und die Fragmentierung überwinden - insbesondere bei der gemeinsamen Nutzung von Daten und der Typenzulassung. Er warnte: "Die Absichten auf EU-Ebene sind gut, aber wenn die Mitgliedstaaten die Vorschriften für Gewicht und Abmessungen nicht angleichen, ist die Wirkung begrenzt." Ohne Harmonisierung riskieren emissionsfreie Fahrzeuge Umwege, Verzögerungen und Unsicherheit. "Die Ausweitung des emissionsfreien Güterverkehrs erfordert digitale Werkzeuge, konsequente Investitionen in die Infrastruktur und ein Denken über nationale Grenzen hinaus", fügte er hinzu. "Die Zeit der Kostenparität wird kommen - früher als die meisten erwarten - aber eine synchronisierte Umsetzung ist unerlässlich."

Der ETB-Vorsitzende Rogier Laan merkte an, dass sich die Bereitschaft der Flotte zwar verbessert, die Finanzierung von ZE-Anlagen ohne Klarheit über den Wert auf dem Sekundärmarkt und die Parität der Lebenszykluskosten aber immer noch ein Hindernis für die Akzeptanz darstellt. "Wir sehen eine starke Bereitschaft der Industrie, aber Lücken bei der Zertifizierung und dem Zugang zu den Strecken sind nach wie vor große Hindernisse. Die Zusammenarbeit zwischen OEMs, Regulierungsbehörden und Infrastrukturakteuren ist entscheidend. Laan wies auf eine besondere Herausforderung auf der Infrastrukturseite hin: "90 % unserer Kunden sind heute auf die Aufladung in den Depots angewiesen. Das Fehlen eines europaweiten öffentlichen Ladenetzes macht den emissionsfreien Langstreckentransport zu einem logistischen Risiko."

Laan sprach auch einen weniger diskutierten, aber kritischen Kompromiss an: "Auflieger, die so konstruiert sind, dass sie die aerodynamischen Anforderungen des VECTO erfüllen, überschreiten oft die Höhen- oder Breitenbegrenzungen für Eisenbahnwaggons. Dieses Paradoxon benachteiligt den kombinierten Verkehr - Nachhaltigkeit steht gegen Konformität."

OEM-Perspektiven: Volvo und Scania

Aus der Sicht der Lkw-Hersteller betonte Henrik Engdahl von Volvo die langfristige Zusammenarbeit: "Wir sehen die Demonstration nicht als Ende, sondern als Anfang neuer Wertschöpfungsketten."

Er fuhr fort: "Wir haben positive Ergebnisse bei der Fahrzeugeffizienz und dem Fahrerlebnis gesehen. Aber die Integration mit dem Kundenbetrieb bleibt ein Engpass", so Engdahl. "Ladeplanung, Energiekostenprognosen und Datensynchronisation mit Flottensystemen sind entscheidende nächste Schritte." Engdahl forderte vor allem eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Verkehrsbetrieben und Anbietern von Ladestationen:

Wir müssen über isolierte Pilotprojekte hinausgehen und ein skalierbares Geschäftsmodell schaffen - eines, das ohne ständige öffentliche Anreize funktioniert. Die bessere Nutzung der vorhandenen Ladeinfrastruktur ist eine gemeinsame Aufgabe. Unsere eigene Erfahrung zeigt, dass dieser Dialog möglich ist, aber er erfordert Vertrauen und Mut.

Als Vertreter von Scania auf dem Podium erläuterte Malmström gemeinsam mit Kässbohrer den Anwendungsfall des intermodalen E-Planenauflieger, der Schweden und die Niederlande umfasst.

Er stellte fest, dass der intermodale Verkehr die Wirkung verstärken kann: "Unsere Demo zwischen Schweden und den Niederlanden zeigt, was möglich ist, wenn der Seeverkehr gut integriert ist". Es ist eine Erinnerung daran, dass wir die vorhandenen kohlenstoffarmen Verkehrsträger besser nutzen müssen. "Um dieses Potenzial auszuschöpfen", so Malmström weiter, "brauchen wir jedoch einen reibungslosen Hafenbetrieb, eine Ladeinfrastruktur, die mit den Umlaufzeiten der Schiffe vereinbar ist, und Typgenehmigungsverfahren, die elektrische Auflieger in multimodalen Transportketten unterstützen. Der Wille ist da - der Rahmen muss folgen." "Die Skalierbarkeit hängt auch von der Reichweite der Fahrzeuge und der Interoperabilität der Anhänger ab", so Malmström weiter. "Die Betreiber müssen darauf vertrauen können, dass das, was in Schweden funktioniert, auch in Deutschland oder Belgien funktioniert.

Betreiber: DPD und Primafrio

Maurice Loef von DPD Niederlande wies darauf hin, dass die Lücken in der Infrastruktur - insbesondere die Verfügbarkeit von Ladestationen auf den Strecken - weiterhin ein tägliches Problem darstellen. "Ohne konsequente Planungsgenehmigungen und Investitionen leidet die Zuverlässigkeit der Korridore." "Bei der Elektrifizierung der Flotte geht es nicht nur um das Fahrzeug", sagte Loef. "Es ist eine Prozessüberholung - von den Routing-Algorithmen bis hin zur Logik für das Laden über Nacht. Es dauert ein ganzes Jahr, bis es richtig läuft." "Die Vorhersagbarkeit der Infrastruktur ist immer noch nicht gewährleistet", fügte Loef hinzu. "Die Planung von emissionsfreien Langstreckenrouten ohne länderübergreifend einheitlichen Ladezugang bringt zu viele Variablen mit sich. Das beeinträchtigt sowohl die Betriebszeit als auch das Vertrauen der Kunden."

Marina Förch von Primafrio brachte eine andere Nutzerperspektive in die Diskussion ein: "Effizienz und Betriebszeit sind von größter Bedeutung. Die Demonstratoren müssen die täglichen Geschäftsbedingungen widerspiegeln. Andernfalls verlangsamt sich die Akzeptanzkurve." "Unsere Erfahrung mit multimodalen elektrifizierten Strecken zeigt, dass die betriebliche Machbarkeit in Reichweite ist - wenn das regulatorische Umfeld mithalten kann." "Wir betreiben jetzt 15 vollelektrische Lkw", so Förch weiter. "Als wir anfingen, gab es keine Ladeinfrastruktur, also haben wir unsere eigene gebaut. Heute werden unsere Ladestationen auf dem Betriebshof mit Solarenergie betrieben, was uns hilft, sowohl die Kosten als auch die Zuverlässigkeit in den Griff zu bekommen." Sie betonte auch die Bedeutung von Energiemanagementsystemen zur Optimierung des Depotbetriebs: "Wir arbeiten an einem idealen Lademanagementsystem, das selbst erzeugte PV-Energie nutzt, nicht nur zum Aufladen der Lkw, sondern auch zur Versorgung unseres 15.000 m² großen Kühllagers in unserer Zentrale."

Highlights der Herausforderungen (aus der ZEFES-Feldarbeit)

·       Herausforderung 1: Infrastruktur - Langsamer Aufbau von Ladeeinrichtungen, Bereitschaft zum Einsteigen in Fähren und Aufrüstung von Terminals

·       Herausforderung 2: Politik - Fehlende EU-weite E-Trailer-Typgenehmigung, unterschiedliche Zertifizierungen

·       Herausforderung 3: Digitale Werkzeuge - Fragmentierte Datensysteme und geringe Interoperabilität

·       Herausforderung 4: Logistikmodelle - Notwendigkeit einer besseren Gestaltung von Anwendungsfällen und Zusammenarbeit zwischen den Akteuren

·       Herausforderung 5: Intermodal - Begrenzte Unterstützung für die Elektrifizierung und Bereitschaft der Häfen

Schlussfolgerung und Ausblick

Abschließend lässt sich sagen, dass der K-Talk einen seltenen, ungefilterten Austausch zwischen Technologieanbietern, Nutzern, Regulierungsbehörden und Infrastrukturstrategen ermöglichte. Als neutrale Plattform, die innerhalb von ZEFES eng zusammenarbeitet, um den emissionsfreien Güterverkehr voranzutreiben, wurden gemeinsame Ziele hervorgehoben und die Ausrichtung auf den realen Einsatz von ZE-Fracht gefördert.

Kässbohrer wird als Gastgeber und Anbieter von Aufliegern für Anwendungsfälle innerhalb von ZEFES auch weiterhin diese wichtigen Gespräche fördern.

Ein Blick in die Zukunft: ZEFES Stakeholder Symposium in Luxemburg

Ben Kraaijenhagen, Technischer Koordinator von ZEFES, lud alle Stakeholder zum bevorstehenden Stakeholder-Symposium am 25. Februar 2026 ein, das gemeinsam mit CFL Multimodal in Luxemburg veranstaltet wird, um die Diskussion über die Zukunft des emissionsfreien Güterverkehrs in Europa fortzusetzen.

Das bevorstehende Stakeholder-Symposium in Luxemburg wird ein entscheidender Schritt nach vorn sein, betonte Kraaijenhagen. "Wir laden nun alle Regulierungsbehörden, Betreiber, Erstausrüster, Infrastrukturanbieter und digitale Innovatoren ein, mit uns gemeinsam die nächste Phase der Einführung des emissionsfreien Güterverkehrs zu gestalten. Lassen Sie uns gemeinsam von Piloten zu skalierbaren Rahmenwerken übergehen. Ihr Fachwissen und Ihr Engagement sind unerlässlich, um in der Praxis etwas zu bewirken."